Die tunesische Regierung versucht erneut, LBGT-Organisationen zu verbieten

Shams wurde im Mai 2015 bei der Regierung als nichtstaatliche Organisation registriert, die sich für die Unterstützung sexueller und geschlechtsspezifischer Minderheiten einsetzt. Am 4. Januar 2016 ordnete ein Gericht in Tunis an, dass Shams alle Aktivitäten für 30 Tage einzustellen habe. Die vorläufige Anordnung resultierte aus einer Beschwerde des Generalsekretärs der Regierung, dass Shams gegen das Gesetz verstoße. Am 23. Februar 2016 urteilte das Gericht dann, dass Shams sich keiner Gesetzesverletzung schuldig gemacht habe und hob die Sperre auf. 2019, drei Jahre später, legte die tunesische Regierung Berufung gegen den Richterspruch ein. Nun soll es am 1. März eine erneute Anhörung geben.

 
Das von der Übergangsregierung im September 2011 verabschiedete Gesetz zu nichtstaatlichen Verbänden verpflichtet diese, „die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie, der Pluralität, der Transparenz, der Gleichheit und der Menschenrechte zu achten“, wie sie auch bereits in von Tunesien ratifizierten internationalen Verträgen festgeschrieben sind. Das Gesetz verbietet es Organisationen, Gewalt, Hass, Intoleranz und Diskriminierung aufgrund von Religion, Geschlecht oder Region zu propagieren. Shams gibt an, dass ihr Ziel darin bestehe „sexuelle Minderheiten materiell, moralisch und psychologisch zu unterstützen und friedlich auf die Reform der Gesetze gegen Diskriminierung von Homosexuellen hinzuarbeiten“. Die Regierung behauptet nun nicht einmal, dass Shams Gewalt ausgeübt oder Intoleranz oder Hass gefördert hätte. Shams hatte lediglich die jüngsten Verhaftungen und Verfolgungen von Männern, die wegen homosexuellen Handlungen angeklagt sind, öffentlich verurteilt und auch die Verwendung forensischer Analuntersuchungen angeprangert, die durchgeführt wurden, um Männer homosexueller Handlungen zu überführen.

 
Im aktuellen Regierungsbeschluss wird nun behauptet, dass das Ziel von Shams nicht mit „den islamischen Werten der tunesischen Gesellschaft in Einklang steht, die Homosexualität ablehnt und ein solches „unmenschliches“ Verhalten verbieten“. Es wird ferner argumentiert, dass tunesisches Recht, welches homosexuelle Handlungen unter Strafe stellt, Aktivitäten einer Vereinigung, die homosexuelle Handlungen verteidigt, nicht erlaubt. Es würde das Ende der Organisation bedeuten, wenn das Gericht dem Antrag der Regierung stattgibt, der Verein erneut alle Aktivitäten für 30 Tage einstellen muss, und danach tatsächlich entschieden würde, dass die Organisation gesetzeswidrig ist. „Tunesien war seit der Revolution eines der wenigen arabischen Länder, in denen LGBT-Organisationen offen agieren konnten“, sagte Human Rights Watch Vertreterin Guellali. „Tunesien sollte offen für alle sein und eine vielfältige Gesellschaft nicht zu verhindern suchen.“
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