#Diversity • Stolz und Out auf Arbeit

Neben den Mitarbeiternetzwerken und engagierten Arbeitgebern sind es auch die Verbände wie der Völklinger Kreis, die Wirtschaftsweiber oder PROUT AT WORK, die dazu beitragen, dass Queeres im Berufsleben seinen Stellenwert erhält. Wir fragten beim PROUT AT WORK-Vorstandsvorsitzendem Albert Kehrer und seinem Stellvertreter Dr. Jean-Luc Vey nach, was es mit der Stiftung auf sich hat. 

Welche Ziele hat PROUT AT WORK?

Albert Kehrer: PROUT AT WORK ist die gemeinnützige Stiftung in Deutschland, welche sich für die Chancengleichheit von LGBT*IQ am Arbeitsplatz einsetzt. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, uns für ein offenes Arbeitsumfeld stark zu machen, in dem Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität, ihrem geschlechtlichen Ausdruck oder geschlechtlicher Eigenschaften und Merkmale ihr Potenzial voll entfalten können. Ein weiteres Ziel ist, durch unser Engagement die Zufriedenheit am Arbeitsplatz, die Unternehmensattraktivität sowie Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu steigern. Denn von gelebter Offenheit profitieren alle: Menschen und Unternehmen, Gesellschaft und Wirtschaft.

Richtet sich der Fokus eher auf den einzelnen Arbeitenden oder an Unternehmen im Ganzen?

Jean-Luc Vey: Als erfahrener und zentraler Ansprechpartner unterstützen wir sowohl einzelne Arbeitnehmer als auch Unternehmen und verstehen uns als „Brückenbauer“ zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden. Um das Thema LGBT*IQ am Arbeitsplatz voranzubringen, benötigt es die Unterstützung auf allen Unternehmensebenen. Dabei sind die einzelnen Arbeitnehmer_innen genauso wichtig wie das Unternehmen im Ganzen.

Welche Aktivitäten und Maßnahmen werden zur Erreichung dieser Ziele vorgenommen?

Jean-Luc Vey: Für LGBT*IQ-Mitarbeiter_innennetzwerke bieten wir beispielsweise verschiedene Plattformen, um sich über Erfahrungen und LGBT*IQ-Themen auszutauschen. In sechs Städten in Deutschland organisieren wir dafür quartalsweise regionale Netzwerktreffen. Darüber hinaus bieten wir den Netzwerken und deren Verantwortlichen Coaching & Mentoring-Programme, um sie bei der Gründung und/oder Entwicklung zu unterstützen. In Kooperation mit unseren PROUTEMPLOYER organisieren wir Workshops (Deep Dives), in denen sich die Teilnehmer_innen gemeinsam mit konkreten Themen (Straight Allies, UN LGBTI Standards, Dritte Option) beschäftigen und Lösungsvorschläge erarbeiten.

Albert Kehrer: Und für Unternehmen bieten wir auch Awareness Sessions (LGBT*IQ Out Of The Box) an, um Mitarbeiter_innen interaktiv mit unserem Thema in Berührung zu bringen. Des Weiteren bieten wir Broschüren, HOW TO: GUIDES und Plakate („Kleine Frage, große Wirkung“), um sich über LGBT*IQ-Themen wie die Ehe für alle und die Dritte Option zu informieren. Darüber hinaus organisieren wir jedes Jahr die PROUT AT WORK-Konferenz. Mehr als 140 Teilnehmer_innen von mehr als vierzig Unternehmen kamen dieses Jahr in der Zentrale der Deutschen Telekom in Bonn zusammen, um sich mit dem Thema „LGBT*IQ GOES GLOBAL?!“ auseinanderzusetzen. Wir organisieren außerdem einmal pro Jahr unser DINNER BEYOND BUSINESS, an dem Senior Executives von großen Unternehmen teilnehmen, um die Sichtbarkeit und Relevanz von LGBT*IQ-Themen am Arbeitsplatz zu erhöhen und diese in die Führungsebene zu tragen. 2018 fand das Dinner in der Zentrale der Commerzbank mit dreißig Vorständen und Beth Brooke-Marciniak als Keynote-Speakerin statt.

Warum wurde eine Stiftung gegründet?

Jean-Luc Vey: Von 2006 bis 2013 erfolgte die Arbeit der Stiftung rein ehrenamtlich. Am 4. Dezember 2013 wurde dann die PROUT AT WORK Foundation mit Unterstützung von acht Unternehmen gegründet, um die Arbeit auch auf professioneller Ebene anzuerkennen und durch die Stiftungsstruktur einen höheren Anerkennungs- und Wiedererkennungswert zu schaffen. Dadurch konnte auch die Arbeit mit Unternehmen professionalisiert, intensiviert und weiter ausgebaut werden, um die Chancengleichheit von LGBT*IQ-Themen am Arbeitsplatz weiter voranzutreiben.

Wie bewerten Sie aktuell den Stellenwert von Diversity in deutschen Unternehmen? Was muss noch getan werden?

Albert Kehrer: In den letzten Jahren gab es sehr viele positive Entwicklungen, wie es die stark steigende Anzahl von LGBT*IQ-Mitarbeiter_innennetzwerken in Deutschland zeigt. Eine Vielzahl von Unternehmen hat die Wichtigkeit von Diversity als integralen Bestandteil ihrer Unternehmenskultur verstanden und engagieren sich dafür.

Trotz dieser positiven Entwicklung ist jedoch weiterhin noch viel zu tun, um das Thema Diversity auch tatsächlich in dem (Arbeits-)Alltag von Menschen zu etablieren. Viele LGBT*IQ-Menschen verstecken beispielsweise noch ihre sexuelle Orientierung, und laut der Studie „Out im Office?!“ von Dr. Dominic Frohn erleben mehr als 80 % Formen von Diskriminierung am Arbeitsplatz. In der Realität bedeutet dies, dass sich zum Beispiel bei der „Germany’s TOP 100 Out Executives“-Liste, die wir dieses Jahr im Oktober mit der Uhlala GmbH veröffentlicht haben, viele Top Manager_innen noch nicht getraut haben, öffentlich auf solch einer Liste zu erscheinen. Doch auch bei den jungen, zukünftigen LGBT*IQ-Executives verstecken sich ca. 60 % von denen, die während ihres Studiums geoutet waren, wieder bei ihrem ersten Job. Dies ist auch ein klarer Appell, die Rekrutierung neuer Mitarbeiter_innen offen für LGBT*IQ-Menschen zu gestalten. Diesbezüglich arbeiten wir beispielsweise momentan, in einem von der EU geförderten Projekt, mit anderen LGBT*IQ-Organisationen an neuen Tools für Personaler_innen und Führungskräfte.

www.proutatwork.de

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