Ich kam bereits früh an und ging zu einer von Jugend geführten Sitzung, welche sich mit dem Thema der immer kleiner werdenden Beteiligung der Politik innerhalb der HIV-Bewegung befasste. Die verschiedenen Sprecher äußerten ihre Sorgen über die scheinbare Selbstgefälligkeit der aktuellen führenden Politiker im Zusammenhang mit der HIV-Epidemie. Sie riefen die Jugend dazu auf um sich überall auf der Welt politisch zu engagieren oder um ihre einflussreiche Stimme zu nutzen, wovon die gesamte Community profitieren kann.
In der Mitte des Vormittags hatte ich das Glück, meine Freundin Becky Kroger, Jugendvertreterin der britischen Regierung, in der SRHR-Netzwerkzone (Sexual and Reproductive Health and Rights) sprechen zu sehen. Sie erzählte von ihren Erfahrungen auf dem Weg eine HIV-Aktivistin zu werden und was ihr jeden Tag die Kraft gab weiterzumachen.
„Ich bin hier, weil ich ich bin und für was ich stehe. Ich bin ein junger Mensch und eine Frau. Wir müssen gehört werden. Ich will gehört werden.“ – Becky Kroger
Vom Global Village aus war es eine chaotische Fahrt durch die Stadt, um den Ausgangspunkt des AIDS-Marsches zu finden. Der AIDS-Marsch ist eine Tradition der internationalen AIDS-Konferenzen. In diesem Jahr sind wir der gleichen Route wie bei der letzten AIDS-Konferenz in Amsterdam 1992 gefolgt.
Ich entschied mich dazu mich der Gruppe U = U (Undetectable = Untransmittable) anzuschließen, aber es gab Vertreter aus allen Teilen unserer Community. Eltern, Sexarbeiter, Jugendliche, Aktivisten der Bewegung für Zugang zu Behandlung, Gesundheitsprofis und mehr.
Ich habe sogar zwei meiner HIV-Aktivisten-Helden treffen können: Mark King und Bruce Richman
Wir sind vom Amstelveld zurück zum RAI gegangen – eine unglaubliche Erfahrung, ganz anders als ich es jemals erlebt habe. Wir waren alle am Ende, so gut wie überhitzt, verschwitzt und konnten ein eiskaltes Bier vertragen. Nach einem schnellen Bier ging ich zurück zu meinem Hotel für eine dringend benötigte Dusche und einen Kostümwechsel vor den Feierlichkeiten des Abends.
Scott Agnew, ein offen HIV-positiver schottischer Stand-Up Comedian, begann den Abend auf der Bühne des Global Village – mit einigen Highlights aus seiner Ein-Mann-Show "Spunk on our lady's face". Es macht immer Spaß, zu beobachten, wie bestimmte Gruppen im Publikum sein oft umstrittenes Material aufnehmen. Es war toll zu sehen, dass er es zur AIDS2018 geschafft hat.
Nicht lange danach begann die offizielle Eröffnungsfeier in der Haupthalle – ich habe noch nie einen Raum gesehen, der so groß und mit so vielen Menschen gefüllt war, das war wirklich äußerst inspirierend.
Unser Moderator war der Schauspieler Omar Sharif Jr. Er stellte uns den Menschen, die hinter der Konferenz standen, niederländischen Ministern, Prinzessin Mabel und sogar Conchita Wurst vor. Das persönliche Highlight für mich war jedoch ein unglaublich bewegendes Zwei-Mann-Ballett - ich werde nicht lügen, ich hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
© International AIDS Society/Marten van Dijl
© International AIDS Society/Steve Forrest/Worker's Photos
Es war wirklich bekräftigend zu hören, dass hochrangige politische Entscheidungsträger, Politiker, Geschäftsführer und Ärzte ihr Engagement für den Kampf gegen HIV und AIDS erneut aussprachen. Denn Vorhaben ohne Willenskraft, Geld oder Taten bringen uns nicht weiter.
Nach der Feierlichkeit ging ich zum Abendessen und trank mit Stephen Doughty MP (Vorsitzender der Allparteigruppe HIV & AIDS (UK Parlament)) und der langjährigen HIV-Aktivistin Lisa Power, bevor ich mich in mein Hotel zurückzog, platt von diesem Tag.
Morgen dreht sich alles um Mode, Macht und Frauenrechte. Ich kann es kaum abwarten.
