#Fotografie

Im Rahmen der „Triennale der Photographie“ zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) die eindrucksvolle Ausstellung „DELETE. Auswahl und Zensur im Bildjournalismus“. Auch eine schwule Liebe im Pflegeheim für Menschen mit Behinderung ist zu sehen.
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Im Rahmen der „Triennale der Photographie“ zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) die eindrucksvolle Ausstellung „DELETE. Auswahl und Zensur im Bildjournalismus“. Unter den vier vorgestellten Reportagen aus den Magazinen Stern, Kristall, Der Bote für die evangelische Frau und Playboy ist auch eine schwule Liebe in einem Pflegeheim für Menschen mit Behinderung zu sehen – oder eben nicht.

Foto: Thomas Hoepker/Magnum Photos

Thomas Hoepker (*1936), Slums in Montgomery, Alabama, 1963, Silbergelatineabzug, 48,6 x 33,4 cm,

Vom Bild zur Reportage

Wir alle haben durch die sozialen Netzwerke ein ganz neues Gespür dafür bekommen, welche Macht Bilder in der Berichterstattung haben bzw. wie leicht sie durch nur kleine Eingriffe in andere Kontexte gestellt werden können, als vom Fotografen beabsichtigt. Dass dies immer schon Teil journalistischer Arbeit – teilweise mit fragwürdigen Methoden – war, zeigt diese Ausstellung. Die Macher im MKG stellten sich bei den vier Bildstrecken folgende Fragen:

„Wie wird die Arbeit der Fotografen und die Aussagekraft ihrer Bilder durch Herausgeber, Redakteure, Autoren und Grafiker beeinflusst? Unter welchen Auftragsbedingungen entstehen ihre Reportagen? Wie viel ihrer Deutungshoheit sind Fotografen bereit an die Redaktionen abzugeben? Welche Mechanismen entscheiden darüber, welche Aufnahmen gezeigt werden und welche unsichtbar bleiben? Was wird erinnert, was wird vergessen?“

Um die Fragen zu beantworten, werden den schließlich gedruckten Reportagen die Kontaktbögen, die vom Fotografen ausgewählten Bilder und ihre erzählten Erinnerungen gegenübergestellt.

Zu viel Tabu

Eine ganz besondere Arbeit, für die es schlussendlich gar kein Magazin gab, das in den 1970er-Jahren bereit gewesen wäre, sie zu drucken, ist die Reportage von Günter Hildenhagen. Der 1935 geborene Fotograf spezialisierte sich ab den 1960er-Jahren auf die Dokumentation von gleichberechtigtem menschlichen Miteinander.

Er und die Journalistin Maria Urbanczyk wurden vom Wittekindshof, einer evangelischen Einrichtung der Diakonie zur Versorgung körperlich und geistig behinderter Menschen, mit einer Reportage beauftragt. Im Mittelpunkt dieser steht der gehörlose Iraner Mehri und der an Cerebralparese leidende Karlheinz. Beide waren fast ihr ganzes Leben Bewohner des Wittekindshofs in Bad Oeynhausen und wurden ein Liebespaar. Hildenhagen erkennt die ganz eigene Form der Kommunikation, die beide für sich entwickelt haben, und versucht, sie mit seinen Bildern einzufangen.

Die Grenzen des zu dieser Zeit noch Sag- und Zeigbaren überschritt er dabei deutlich. Weder war die Gesellschaft bereit, über die Fähigkeiten und Bedürfnisse behinderter Menschen nachzudenken, noch über deren Sexualität, speziell nicht in homosexueller Ausprägung. Bis 1999 besuchte Hildenhagen das Paar immer wieder – eine Zeitschrift, die die Bilder veröffentlichte, fand er nicht.

Bis 25.11., DELETE. Auswahl und Zensur im Bildjournalismus, Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz. Hamburg, S+U Hauptbahnhof, Führungen 12.7., 19 Uhr und 29.7., 12 Uhr, www.mkg-hamburg.de

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