Der New Yorker Priester James Martin hat im Fahrwasser der aktuellen Aufklärung des Missbrauchsskandals um Washingtons Ex-Erzbischof Theodore McCarrick eine hitzige Social-Media-Debatte um schwule Priester losgetreten
Foto: facebook.com/FrJamesMartin
US-Jesuitenpriester James Martin ist unter katholischen Geistlichen umstritten, weil er die Leugnung der Existenz von LGBTIQ* in der Kirche kritisiert
Der amerikanische Jesuitenpriester James Martin hat seine Glaubensbrüder schon oft mit kritischen Äußerungen zum Umgang der katholischen Kirche mit LGBTIQ* gegen sich aufgebracht. Er vertritt die Meinung, dass die Leugnung der Existenz schwuler Geistlicher durch katholische Würdenträger nicht nur weltfremd ist, sondern auch Missbrauch und Missverständnissen Vorschub leistet. Vor allem positioniert Martin sich dabei gegen den Stereotyp, dass Schwule (und schwule Priester) generell zum Missbrauch neigen.
Wie schwer vermittelbar diese Position ist, zeigt sich bei den Debatten über den aktuellen Missbrauchsskandal um Washingtons ehemaligen Erzbischof Theodore McCarrick. McCarrick soll seine Machtposition über Jahre ausgenutzt haben, um Seminaristen und Priesteranwärter sexuell zu belästigen. Nachdem der Skandal im Juli öffentlich wurde, äußerte James Martin in einem TV-Interview der PBS News Hour, dass er den Fall McCarrick in seinem Ausmaß für „außergewöhnlich“ hält. Daraufhin wurden ihm in den sozialen Netzwerken diverse weitere Missbrauchsfälle als Gegenbeispiel um die Ohren gehauen.
Jetzt reagierte Martin auf den Shitstorm. In mehreren Tweets versuchte er am Sonntag, seinen Kritikern deutlich zu machen, dass es ihm nicht um die Leugnung von Missbrauch durch Priester gehe, sondern darum, das Vorurteil, Schwule würden allgemein zum Missbrauch neigen, auszuhebeln. Zitat: „Um auf die zahlreichen uninformierten Kommentare zu reagieren: Natürlich waren viele missbräuchliche Priester schwul. Das heißt aber weder, dass LGBT-Menschen generell Missbrauchstäter sind, noch dass die meisten (oder alle) schwulen Priester Missbrauchstäter sind. Das ist ein Vorurteil. Unglückliche heterosexuelle Männer (auch Priester) machen sich ebenfalls des Missbrauchs schuldig.“
Eine Gruppe von Geistlichen hatte letzte Woche beim Papst um eine umfassende Aufklärung des Falls McCarrick gebeten. Es ist davon auszugehen, dass James Martin auch im Zuge der weiteren Aufkilärung zur Mäßigung gemahnen wird.
To respond to some misinformed comments: clearly many abusive priests were gay. But this does not mean all LGBT people are abusers, nor that all (or even most) gay priests are abusers. It's a stereotype. Sadly, heterosexual men (priests included) abuse too https://t.co/yI4dF4cCwA
— James Martin, SJ (@JamesMartinSJ) 19. August 2018
Dies war einer der Tweets, mit denen James Martin am Wochenende seinen Standpunkt im Fall McCarrick zu verdeutlichen versuchte
Here is what @JamesMartinSJ said when asked about abuse of seminarians:
— Matthew Schmitz (@matthewschmitz) 16. August 2018
“I think that Cardinal McCarrick’s case is really extraordinary ... I don’t think that this is rampant, and I think his case is really kind of an outlier.” pic.twitter.com/yTIC8yNayL
Der katholische Kolumnist Matthew Schmitz spottete über James Martins Aussage, dass der Missbrauchsskandal McCarrick außergewöhnlich sei
Die Bischöfe in den #USA bitten den #Vatikan um eine offizielle Apostolische Visitation zur weiteren Klärung des Falls Mc Carrick und der Vertuschungen beim #Missbrauch. https://t.co/XDzTq09w5D
— Christoph Strack (@Strack_C) 16. August 2018
Letzte Woche ersuchte eine Gruppe von Geistlichen beim Papst um eine unabhängige und umfassende Aufklärung des Falls McCarrick.