Streit um ESC in Israel: Tel Avivs Stadtvater spielt LGBTIQ*-Trumpf aus

Seit dem 1. September ist die Vorlauf-Saison für den Eurovision Song Contest 2019 eröffnet. Das heißt, ab sofort können Teilnehmersongs bestimmt und eingereicht werden. Gleichzeitig geht die Suche nach einem Austragungsort im Gewinnerland Israel in die heiße Phase. Letzteres sorgt für Streit. Es geht um Einreisebeschränkungen, Sabbat-Ruhezeiten und sogar um Boykott. Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai hat offenbar die Schnauze voll davon. Er spielt für seine Stadt den LGBTIQ*-Trumpf aus

Vier Monate nachdem Manga-Chicken-Rapperin Netta für Israel beim Eurovision Song Contest siegte (blu berichtete), geht die European Broadcasting Union (EBU) in die heiße Phase auf der Suche nach einem geeigneten Austragungsort für 2019. ESC-Supervisor Jan Ola Sand reiste Ende August nach Israel um Locations in Jerusalem, Tel Aviv und Eilat in Augenschein zu nehmen. Dabei traf er Repräsentanten der Städte und ließ sich Konzepte vorstellen. Eilat schied dabei wegen technischer Inkompatibilitäten aus, jetzt ringen nur noch Jerusalem und Tel Aviv um den Zuschlag.

Gleichzeitig kochte in den Medien eine politische Debatte hoch, in der sich Israels Minister für Innere Sicherheit Gilad Erdan über Auflagen echauffierte, in denen die EBU fordert, dass Visa an ESC-Teilnehmer und -Besucher ohne Berücksichtigung von deren politischer Meinung vergeben werden. Anfang des Jahres hatte Israel festgelegt, dass Anhängern von Organisationen, die Israel für seine Palästinapolitik kritisieren oder gar zu deren Boykott aufrufen, die Einreise verwehrt wird. Im Zuge der Diskussion rief wiederum die irische Sinn-Fein-Politikerin Sinéad Ennis zu einem Boykott des ESCs in Israel auf. Zusätzlich sorgten orthodoxe jüdische Gemeinden für Wirbel, weil sie forderten, dass der ESC die Arbeitsruhe am Sabbat nicht stören und beeinträchtigen dürfe. 

ESC-Supervisor Jan Ola Sand gab sich von dem Gezerre einigermaßen unbeeindruckt. In einem Interview mit Israels öffentlich rechtlicher Rundfunkanstalt IPBC betonte er zwar, dass Sabbat-Ruhezeiten bei einer Großveranstaltung wie dem ESC nicht berücksichtigt werden könnten, bekannte sich aber gleichzeitig unmissverständlich zum Austragungsland Israel. Derweil nutzte Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai das Mediengepolter, um seine Stadt in einem offiziellen Brief an Jan Ola Sand nochmals als idealen Austragungsort zu preisen. Dabei betonte er nicht nur, dass Tel Aviv eine „Nonstop City“ (also frei von Sabbat-Ruhezeiten) sei, sondern schrieb auch: „Unsere geliebte Stadt hat sich einen internationalen Ruf als offene Stadt und für ihre WIllkommenskultur für die LGBT-Community und andere Minderheiten erworben.“ Mal sehen, ob's hilft.  

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