Als die New York Times enthüllte, dass die Hälfte seines Lebenslaufs gefälscht ist, geriet Santos unter Beschuss. Die Lüge bezüglich seiner Ausbildung und Berufserfahrung führte dazu, dass Faktenprüfer alle seine Aussagen unter die Lupe nahmen. Seitdem hat sich die Büchse der Pandora bezüglich seiner Lügen geöffnet. Ein freiberuflicher Journalist deckte auf, dass er als Drag Queen auftrat, obwohl er konservative Ansichten über Drag vertrat. Er behauptete auch, dass seine Mutter bei den Anschlägen des 11. September 2001 ums Leben kam, was sich als falsch herausstellte. Auch die Tatsache, dass er Jude sei und dass seine Familie angeblich aus Angst vor den Nazis aus Deutschland geflohen ist, erwies sich als Lüge. Später gab er an, nicht jüdisch zu sein, sondern sich „jüdisch“ gefühlt zu haben.
Grund genug für die Ethikkommission des US-Repräsentantenhauses, eine Untersuchung gegen Santos einzuleiten. Der Bericht ist nun vollständig und enthält eine lange Liste vernichtender Fakten, einschließlich des Missbrauchs seiner Wahlkampfgelder. Der Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass Santos „schamlos Wahlkampfgelder gestohlen hat“. Während des Wahlkampfs äußerten seine Mitarbeiter Bedenken hinsichtlich der Finanzen, da Santos Wahlkampfgelder für Reisen und Hotelaufenthalte außerhalb seines Bezirks verwendet hatte. Er gab auch Tausende von Dollar für Kleidung im italienischen Luxusmodehaus Ferragamo aus, nutzte das Geld, um seine Miete zu bezahlen, hob 800 Dollar von einem Geldautomaten in einem Casino ab, gab Tausende von Dollar im Spa aus, bezahlte eine Botox-Behandlung und ein Abonnement bei OnlyFans. Santos hatte zuvor behauptet, dass er erst kürzlich von OnlyFans gehört habe, was sich nun als Lüge herausstellt.
Der Bericht beschreibt auch, dass sein Wahlkampfteam seine Lügen bemerkt habe. Sie drängten ihn sogar, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um mit dem Lügen aufzuhören. Darüber hinaus wurde ihm ein 141-seitiges Dokument vorgelegt, in dem „Schwächen“ in der Geschichte beschrieben wurden, die er den Medien über sich selbst erzählte. Darin hieß es u.a., es gebe keine Nachweise über den Erwerb eines Hochschulabschlusses. Die Lügen waren so belastend, dass sein Wahlkampfteam ihm riet, sich aus dem Wahlkampf zurückzuziehen. Als er sich weigerte, verließen drei Mitarbeiter das Team.
Santos sagt, dass er 2024 nicht zur Wiederwahl antreten wird, aber das könnte noch nicht das Ende der Angelegenheit sein. Sowohl Republikaner als auch Demokraten erwägen die Möglichkeit, Santos sofort aus dem Repräsentantenhaus auszuschließen. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Ob jedoch genügend Republikaner für seine Entlassung stimmen werden, ist ungewiss, da eine Wiederwahl in Santos' New Yorker Bezirk dazu führen könnte, dass ein Demokrat gewählt wird.