Gute Neuigkeiten aus Irland

Im Zeitalter von Trump und Brexit, von AfD und Wahlsiegen und Aufmärschen rechter Populisten freut man sich über jede Nachricht, die dem Trend entgegensteht – wie als vor einigen Wochen Irland der Katholischen Kirche und Leuten, die anderen Leuten vorschreiben wollen, was sie mit ihrem Körper zu tun haben, in ihre Schranken verwiesen hat. Die Iren haben mit satter Mehrheit Abtreibung legalisiert.

„Und 2015 haben wir ja auch endlich die Gleichheit der Ehe bekommen, schon das war ein riesiger Umschwung“, erklärt Conor J. O'Brien. Der Kopf der Villagers ist stolz auf diese Entwicklungen. „Die neue Generation hat ihre Ansprüche angemeldet – und durchgesetzt. Wir holen uns das Land von der Kirche und drängen ihren Einfluss zurück.“ Für diese Entwicklung steht Conor exemplarisch, denn auch er begann als Katholik und fiel nach und nach vom Glauben ab. „Es gibt eine grundsätzliche Bewegung hin zu Humanismus und Agnostizismus. Sei einfach gut zu deinem Nächsten, ohne Drohungen der Kirche.“

Natürlich hat sich Irland auch in anderen Bereichen gewandelt. Wo es früher eine kleine Musikszene gab, die sich – wenn es nicht um Folk ging – fast nur auf Dublin konzentrierte, blüht heute das ganze Land und präsentiert viele Stile. „Noch 2000 bedeutete Musik in Irland, jemand spielt eine akustische Gitarre. Das machte man eben so. Jetzt gibt es so viel … zur Zeit kommt gerade eine unglaubliche Rap-Szene zum Vorschein mit großartigen Rappern, richtig guten Produzenten. Es gibt sehr guten Techno und fantastischen Ambient. Und tollen Rock.“

Das zeigt auch gleich die Offenheit von Conors Musikgeschmack, selbst wenn seine Band als Indie-Folk geführt wird. Und zuhause gehen die Villagers immer praktisch automatisch auf Platz eins, obwohl nichts an ihren Liedern auf Erfolg getrimmt ist. „Mein Manager ist ein bisschen obsessiv wegen der Platzierungen – er hat jetzt schon gecheckt, was noch an unserem Release Date erscheinen wird. Er macht sich ein wenig Sorgen wegen Christine and the Queens“, lacht Conor. Wenn man „The Art of Pretending to Swim“ hört, ist klar, dass Conor solche Fragen nicht durch den Kopf gehen. Er hat mit seiner Band Musik aufgenommen, die auch ihre Fans nicht einfach mit Comfort-Food bedient. Es ist ein Album, das sich mit all den Problemen der neuen schönen sozialen Medienwelt auseinandersetzt und all ihren Widersprüchen – Conor ist z.B. selbst begeistert auf Twitter unterwegs. „Ich hatte aufgehört, Bücher zu lesen, weil ich ständig mein Handy checkte. Mein Gehirn funktionierte nicht mehr ordentlich. Erst als ich wieder las, begriff ich, dass ich das Leben eines Abhängigen geführt hatte. Ich drückte einen Knopf für meinen Dopaminrausch als wäre es Heroin.“ Aber er hat es in den Griff bekommen, auch durch die Musik, indem er mit neuem, elektronischem Grundklang die positive Seite der Technik gelebt hat. „Ich wollte, dass alles auf einem Groove basiert. Mein Körper hat beim Machen nie still gestanden.“ Letztlich hatte er also noch eine gute Nachricht aus Irland für uns – man kann von seiner Handysucht wieder loskommen! *fis

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