Niederländischer Politiker leugnet die Existenz von AIDS bei weißen Heterosexuellen

„Im Prinzip gibt es für weiße Heterosexuelle kein AIDS“, sagte jüngst der niederländische Politiker Thierry Baudet, Vorsitzender der rechtsextremen Partei Forum für Demokratie (FvD), bei einer Wahlkampfveranstaltung. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein heterosexueller Weißer AIDS bekommt, ist geringer, als vom Blitz getroffen zu werden“, führte er weiter aus. In den Niederlanden sorgten die Aussagen unter anderem bei LGBT+-Interessengruppen und der niederländischen Aids-Stiftung (Aidsfonds) für Verwunderung.
Twitter Icon Facebook Icon Teile diesen Artikel

Baudet machte die Aussagen während einer Wahlkampfveranstaltung in Heerhugowaard. Der FvD-Vorsitzende führte die Krankheit an, um auf das Thema Verhütung und die Corona-Maßnahmen hinzuweisen. Ihm zufolge leben weiße Heterosexuelle seit den 1980er Jahren in einer „sexuellen Lockdown.“ „Jahrzehntelang hat man uns gesagt, dass weiße Heterosexuelle - abgesehen von der Fortpflanzung - wegen Krankheiten ein Kondom benutzen sollten.“

Dabei ignoriert Baudet die Tatsache, dass auch Heterosexuelle AIDS bekommen können, wenn sie sich beim Sex nicht schützen. „Das H in HIV steht für menschlich, denn es betrifft uns alle. Das zeigen die 37 Millionen Menschen, die weltweit mit HIV leben: Auf allen Kontinenten, bei allen Geschlechtern und Altersgruppen. HIV diskriminiert nicht“, twittert der Aidsfonds, ohne sich auf die Aussagen Baudets zu beziehen. Auch der COC folgt dieser Linie. Die LGBT+-Interessengruppe antwortet auf nu.nl: „HIV diskriminiert nicht, Baudet offenbar schon. Er macht es zu einem Problem für Homosexuelle und Schwarze, obwohl es ein Problem für uns alle ist.“

Auch der Fernsehmoderator Humberto Tan machte sich in seiner Sendung Gedanken über Baudets Aussagen. Er habe lange Zeit gezweifelt, ob er dem Ganzen Aufmerksamkeit schenken solle, sagte er in seiner Talkshow Humberto. Dennoch beschloss er, sich gegen die seiner Meinung nach „homophoben“ und „rassistischen Äußerungen“ des FvD-Chefs auszusprechen. „Ich kann alle offiziellen Zahlen vorlegen (...) und zeigen, dass das, was er sagt, sogar noch verrückter ist, aber darum geht es ihm nicht. Er kommt jetzt mit einem weiteren Narrativ daher, das die Überlegenheit der weißen Heteromänner unterstreicht.“ 

„Immer diese 'Empörungs-' und Emo-Karte, um die Debatte in Geiselhaft zu nehmen“, reagiert Baudet irritiert auf Twitter. „Mein Punkt war, dass in den 90er Jahren europäische Heterosexuelle mit Ängsten vor AIDS terrorisiert wurden, als die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, extrem gering war und ist. Und ich habe das gesagt, um zu erklären, was gerade mit Corona passiert.“

Auch in den Niederlanden wird bei Heterosexuellen HIV diagnostiziert. Die Zahl der jährlichen Neuinfektionen ist jedoch dank des Einsatzes von HIV-Hemmern und Medikamenten zur HIV-Prävention sehr gering.

Baudet ist schon früher wegen Homophobie in Misskredit geraten. So wurden beispielsweise WhatsApp-Nachrichten der Jugendorganisation seiner Partei (JFvD) bekannt, in denen rassistische, antisemitische und homophobe Äußerungen zu lesen waren. Außerdem beschimpfte er den Journalisten Joost Vullings als „schwul“, als dieser sich weigerte, ihm wegen der geltenden Corona-Regeln die Hand zu geben.

Twitter Icon Facebook Icon Teile diesen Artikel

Empfohlene Artikel