Tiflis: Wie konnte das Pride-Event so außer Kontrolle geraten?

Anfang dieses Monats tauchten schockierende Bilder aus der georgischen Hauptstadt Tiflis auf. Rechtsextreme Gruppen bedrohten Aktivisten, Journalisten wurden verletzt und eine Regenbogenfahne wurde gewaltsam aus dem Pride-Zentrum entwendet. Wie konnte das Event so außer Kontrolle geraten?
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Ein Hauptanstifter für die gewaltsamen Konfrontationen ist die orthodoxe Kirche des Landes. Vor dem Pride-Event hatten Priester zu friedlichen Demonstrationen aufgerufen. Leider blieb wurde dem Wort „friedlich“ keine Beachtung geschenkt. Selbst einige der Priester nahmen an der Demonstration teil.

Die Atmosphäre wurde Stunde um Stunde düsterer. Regenbogenfahnen wurden angezündet und viele der Pride-Organisatoren mussten sich aus Angst vor Gewalt verstecken. „Wir haben versucht, zu überleben und die Leute zu meiden, die die Straßen kontrollierten“, sagte Giorgi Tabagari, Direktor von Tiflis Pride, gegenüber Reuters. „Ich wurde fast getötet“, erzählt er über einen schockierenden Moment, in dem sein Auto von einer Menschenmenge umgeben war.

Aufrufe der orthodoxen Kirche und konservativer Gruppen, den Pride zu stören, lösten eine Hexenjagd auf die Teilnehmer aus. Auch Journalisten mussten dafür bezahlen. Und das alles, um sicherzustellen, dass die georgische Gesellschaft nicht „entartet“, so die Kirche. 

Es ist ein Muster, das nunmehr in einigen Ländern Osteuropas zu sehen ist. Die traditionelle Gesellschaft muss vor liberalen westlichen Werten geschützt werden. Man denke hierbei nur an Ungarn und Polen. Oft sind die Rädelsführer Politiker und religiöse Führungspersonen, die mit den von Putin in Russland propagierten, kulturellen Ideen sympathisieren.

Kein Wunder also, dass auch die georgische Regierung Öl ins Feuer gegossen hat. Premierminister Irakli Garibashvili sagte, die Pride-Feier sei „für viele Menschen in der georgischen Gesellschaft inakzeptabel.“ Er verband die Parade sogar mit einem umstrittenen ehemaligen Präsidenten. Als jedoch klar wurde, dass die Gegendemonstration furchtbar aus dem Ruder gelaufen war, blieb ihm nichts anderes übrig, als die Gewalt zu verurteilen. Die Polizei würde gegen die Gewalttäter ermitteln.

Am Ende bestand die Ansammlung von Tausenden von Pride-Gegnern aus einer kirchlich und politisch aufgehetzten Gruppe von Männern (einige mit rechtsextremen Ansichten), die nur ein Ziel vor Augen hatten: Die aus ihrer Sicht nicht georgischen Pride-Feierlichkeiten umgehend zu beenden.

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