Kommentar: 20 Jahre Kreuzberger CSD. Kein Grund zum Feiern!

Der Tiefpunkt von nunmehr 20 Jahren Kreuzberger Alternativ-CSD-Geschichte war 2016 erreicht.
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Der Tiefpunkt von nunmehr 20 Jahren Kreuzberger Alternativ-CSD-Geschichte war 2016 erreicht.

Ein Mitarbeiter des russischen Propagandasenders Russia Today hielt auf der vom Kreuzberger Szeneklub SO36 gestellten Bühne einen Redebeitrag zu „Pinkwashing.“ Er behauptete allen Ernstes, dass der Staat Israel nur deshalb Lesben und Schwule gut behandele, um damit von seiner Politik gegenüber den Palästinensern abzulenken. Damit unterschlug er die vielen Auseinandersetzungen, in denen Lesben, Schwule und Trans* diese Politik dem Staat Israel abrangen. Im Publikum waren zudem Aktivisten der Gruppe BDS (Boycott, Divestment and Sanctions), die zum Boykott israelischer Produkte aufriefen. Viele Untersuchungen belegen, dass sich gerade in Deutschland Antisemitismus hinter einer Israelkritik versteckt.

Kurzum: Der Kreuzberger CSD wurde zu einer Plattform für Antisemiten. Schon in den Jahren zuvor gab es solche Untertöne. Im letzten Jahr fiel die Veranstaltung zum Glück aus.

Was lief da schief?

1998 fand der Kreuzberger CSD erstmals unter dem Namen „Transgenialer CSD“ statt. Anlass war der Ausschluss eines sehr kritischen Wagens von der CSD-Demo durch die Organisatoren im Jahr zuvor. Die Kreuzberger wollten fortan etwas Eigenes machen. Mit einem kleinen Demozug durch Kreuzberg, der zunächst Transgenialer CSD hieß, wollte man ein Zeichen setzen gegen Kommerzialisierung, Wohnungsnot, Volkszählung oder Krieg. Einige tausend Menschen demonstrierten und feierten dann in der Kreuzberger Oranienstraße. Mal traf man den Nerv der Zeit, mal geriet der Aufruf zu einem linken Rundumschlag. Dennoch: Der Kreuzberger CSD strahlte aus. Der große CSD wurde merklich politischer, die Teilnahmegebührstruktur wurde verändert und auch dem Kommerz wurden Grenzen gesetzt.

Ein Erfolg. Wäre da nicht der gruselige Antisemitismus. Zum 20sten kein Grund zu feiern. Aber vielleicht entschließen sich ja ein paar Kreuzberger ein deutliches Zeichen gegen den Rechtsruck zu setzen – gänzlich ohne Antisemitismus.

INFO: Demonstration No-Al-Quds-Tag

Am 9. Juni 2018 findet die Demonstration „Gegen den Quds-Marsch – Gemeinsam gegen Antisemitismus, Islamismus und Homophobie – Solidarität mit Israel und der iranischen Demokratiebewegung” in Berlin statt. Zu der Demo rufen über 20 Organisationen auf, darunter unter anderem das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA), die Amadeu Antonio Stiftung sowie der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD). Seit 1979 gibt es jedes Jahr weltweit Al-Quds-Aktivitäten. Dabei beziehen sich die Veranstalter auf den Aufruf des damalige iranischen Revolutionsführers Ajatollah Khomeini, der seine Anhänger zur „Befreiung“ Jerusalems und zur Vernichtung Israels aufforderte. Auch in Berlin findet dieses Jahr wieder eine entsprechende Veranstaltung statt.

9.6., Auftaktkundgebung: 13.30 Uhr, Nollendorfplatz, Abschlusskundgebung: 15.00 Uhr, Breitscheidplatz, www.no-al-quds-tag.de

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