Human Rights Watch: LGBT+-Aktivisten werden von der tunesischen Polizei systematisch missbraucht

Laut einem ausführlichen Bericht von Human Rights Watch werden LGBT+-Aktivisten in Tunesien unter unmenschlichen Bedingungen festgenommen und anschließend während ihrer Verhöre mit körperlicher Gewalt, Vergewaltigung und Mord bedroht. Sie werden auch gezwungen, sich Genitaluntersuchungen zu unterziehen, und ihnen wird während ihrer Haftzeit der Zugang zu Rechtsberatung verweigert.
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Seit dem 15. Januar wurden mehr als 1.600 Aktivisten festgenommen, weil sie in Tunesien für LGBT+-Rechte protestiert hatten. Diese Proteste sind oft friedlich, aber immer wieder kommt es auch zu Gewaltausbrüchen, wenn die örtliche Polizei in die Proteste eingreift. Aktivisten erzählen HRW, wie Beamte ihnen oft mit Vergewaltigung und Mord drohen. „Wir werden dich hier zehn Jahre lang festhalten, und deine Folter wird unsere Pflicht sein”, wurde einigen Aktivisten während ihres “Verhörs” gesagt.

Demonstranten sind nicht nur auf der Straße, sondern auch online in Gefahr. Ihre Bilder, Privatadresse, Telefonnummer und Sexualität oder Geschlechtsidentität werden häufig in sozialen Medien veröffentlicht. Die tunesischen Aktivisten fühlen sich daher gezwungen, ihre Social-Media-Konten zu löschen, in eine andere Stadt zu ziehen oder sogar aus dem Land zu fliehen. „Die Polizei hat mich in meiner Nachbarschaft gesucht. Mein Leben und meine körperliche Sicherheit sind bedroht. Meine geistige Gesundheit verschlechtert sich,“ so Rania Amdouni, eine queere feministische Aktivistin.

Unmenschliche Verhaftungen

Human Rights Watch interviewte zehn LGBT+-Rechtsaktivisten, deren wirkliche Namen noch nicht veröffentlicht wurden. Unter ihnen Mariam (25); „Sie brachten mich in eine verlassene Straße und fingen an, mich zu schlagen. Sie schlugen mir aufs Auge, verprügelten und traten mich. Sie nahmen mein Handy und schickten beleidigende Nachrichten an meine Freunde und Familie. Dann haben sie mich auf die Straße gestoßen.“ Mariam erinnert sich, dass ihre privaten Informationen auf Facebook durchgesickert sind. Seitdem hat sie Dutzende von Nachrichten und Voicemails von Tunesiern erhalten, die drohen, sie zu vergewaltigen und zu ermorden. Einige nennen sie auch eine „Hure“, die „es verdient, von einer Bande vergewaltigt zu werden.“

Nach ihrer Verhaftung, für das beleidigende Zeigen ihres Mittelfingers, zog eine Polizistin sie aus und durchsuchte sie. Sie wollte, dass Mariam ihre Beine öffnete, um „in ihre Vagina zu schauen. “ „Als ich mich weigerte, zog sie an meinen Haaren, schlug mich wiederholt mit dem Kopf gegen die Wand, verprügelte mich und beschimpfte mich dann. Ich stehe kurz vor meiner Gerichtsverhandlung, habe aber Angst, alleine auf die Straße zu gehen.“

Theresa (21), eine Transgender-Frau, wurde bei einem Protest gegen die Polizei-Brutalität im Land von Polizisten geschlagen. Laut Theresa schrie ein Beamter: „Du bist keiner von uns, du Schwuchtel-Abschaum. Sodomiten wie du sind der Grund, warum Gott uns nicht mit Regenzeiten gesegnet hat!“ Eine große Gruppe von Polizisten begann sie zu schlagen. „Sie warfen mich auf den Boden und stampften auf meinen Kopf. Sie traten mich, während ich sie bat, aufzuhören. Ich bin weggelaufen, aber jetzt habe ich Angst, mein Haus zu verlassen.“

Die Gefängnisse sind überfüllt und LGBT+-Aktivisten haben Angst, verhaftet und missbraucht zu werden. Damino (29), eine intersexuelle und queere AktivistIn, wurde aufgrund des Ausdrucks ihres Geschlechts mehrfach belästigt. „Wir werden mit dir machen, was wir wollen.“ Damino behauptet, ein Beamter habe seinem Kollegen gesagt, er solle „versuchen, keine sichtbaren Spuren zu hinterlassen.“ „Ich hatte Angst, weil mir klar wurde, dass es sich einfach um eine Gruppe von Männern handelt, die mich ungestraft körperlich und sexuell angreifen können,“ sagten sie gegenüber Human Rights Watch.

Tunesiens anhaltendes Vorgehen gegen Aktivisten verletzt ihre Grundrechte, einschließlich ihres Rechts auf Privatsphäre, körperliche Unversehrtheit, Bewegungsfreiheit und freie Meinungsäußerung sowie ihr Recht auf Nichtdiskriminierung und Schutz durch das Gesetz. Überfüllte Gefängnisse verursachen auch mangelnde Hygiene und ein hohes Risiko einer COVID-19-Kontamination.

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